Link 18 – Zusammenlegung von 22 Sozialversicherungsträgern

Wenn wundert es, wenn immer mehr Gruppierungen der Meinung sind, 22 Sozialversicherer sind zu viel. Sozialminister Hundstorfer ist strikt dagegen („Türtaferln austauschen bringt nichts“). Er übersieht dabei – sicher ungewollt – dass es dann eben keine 22 gut besetzten Generaldirektionen, pardon Obmänner/Obfrauen-Leitungsgremien mehr gibt. Und 22 mal keine Privilegien. Und keine 22 Fuhrparks. Ein Monsieur le President Directeur general täte es auch. Und dem könnte Minister Hundstorfer unter Umständen dann vielleicht sogar Weisungen erteilen. Für eine Zusammenlegung sind u.a. (ohne Anspruch Vollständigkeit): Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, WB Gen.Sekr. Peter Haubner, die Neos, Das Team Stronach, Die Grünen, Präsident und Ex¬Verstaatlichtenmanager Claus Raidl um nur die Prominentesten zu nennen.

Der Vorschlag von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, die Krankenkassen zusammenzulegen, klingt so einleuch¬tend, dass man sich fragt, warum er nicht schon längst umgesetzt ist. Natürlich gibt es Synergien, wenn dieselben Aufgaben nur dreimal statt 19-mal wahrgenommen werden. Man bedenke: 19-mal Selbstverwaltung mit Ob¬männern und Direktoren, 19 EDV-Systeme, 19-mal getrennter Einkauf, 19-mal mit der Ärztekammer über Verträge verhandeln. Und wie oft – uns unbekannte – Privilegien?

Eine von der Regierung im Jahr 2009 eingesetzte Verwaltungsreformgruppe, in die neben dem Rechnungshof auch das Wifo und das IHS eingebunden waren, hat es zumindest versucht: „Folge der Zersplitterung sind umständliche und damit teure Abrechnungsvorgänge mit den Vertragspartnern, höhere Tarife und mangelnde Transparenz“, wurde im Abschlussbericht festgehalten.

Quelle: Wirkschaftsblatt.at
DIENSTAG, 17. JUNI 2014
KRANKENKASSEN CO

WKÖ-Präsident Christoph Leitl brach eine Debatte über die Zusammenlegung der Krankenkassen vom Zaun. Doyens der heimischen Wirtschaft sind dafür, die IV will Studie abwarten.

„Die Selbstverwaltung der Versicherten ist zur Selbsterhaltung der Funktionäre degeneriert“, poltert OeNB-Präsident und Ex¬Verstaatlichtenmanager Claus Raidl: WKÖ-Präsident Christoph Leitl hat im ORF-„Zentrum“ die Debatte um eine Fusion der Sozialversicherungsträger neu ins Rollen gebracht.
Leitl forderte, dass die 22 Kranken-, Unfall und Pensionsversicherungen großteils fusioniert werden sollen: Bei Krankenkassen reichten drei Versicherungsträger für Arbeitnehmer, Selbstständige und den Öffentlichen Dienst aus.

Mehr IT statt Funktionäre
Die Wirtschaft könnte sich damit offenbar gut anfreunden: Raidl etwa verweist auf Kosteneinspa¬rungen durch den Wegfall mehrfach vorhandener Funktionärsgremien. Dass ein schwer steuerbarer Moloch entstehen könnte, befürchtet Raidl nicht: Moderne IT würde die Verwaltung einfach halten.

Auch für Saubermacher-Gründer Hans Roth wäre eine Zusammenlegung der Kassen sinnvoll. Roth meint, dass ein derartiges Projekt – unabhängig von der Couleur der Politiker, die es umsetzten – ein Beispiel sein könnte, wie auch manch anderes besser organisiert werden könnte, was derzeit von föderaler Zersplitterung geprägt ist: wie uneinheitliche Regeln etwa im Jugendschutz – oder auch in der Abfallwirtschaft.

Christian Ebner, Obmann der unabhängigen Unternehmerplattform FreeMarkets.at, sieht in einer Fusion den Vorteil, dass Unternehmer in praxi nicht mit verschiedenen Kassen zu tun hätten. Die Industriellenvereinigung (IV) verweist laut Helwig Aubauer darauf, dass schon im Regierungsprogramm steht, dass Effizienzsteigerungen bei Sozialversicherungen geprüft werden sollen. Je nach Studienergebnis soll gehandelt werden.

Ein klares Nein zu Leitl’schen Fusionsideen kam von Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskranken-kasse und Vorsitzende der Trägerkonferenz. Sie verwies darauf, dass nur zwei bis drei Prozent der Beiträge für die Verwaltung verwendet werden müssten *): Der deutsche Rechnungshof belege, dass nach Fusionen der Verwaltungsaufwand sogar gestiegen sei./

OLIVER JAINDL
oliver.jaindl@wirtschaftsblatt.at

Die Presse, DIENSTAG, 17. JUNI 2014
Verwaltungsreform. Braucht es nur noch drei statt 19 Krankenkassen? Die ÖVP will über den Vorschlag der Wirtschaftskammer diskutieren. In der Regierung steht der nächste Konflikt bevor.
ÖVP: Kassenfusionen kein Tabu mehr
VON THOMAS PRIOR

*) Die NEOS bestreiten das.