Bulletin No. 1

12 WIR KLAGEN AN!

Das ist das wahre Problem: Die wesentliche Ursache liegt in der hierzulande üblichen Betrachtung des Schuldners: „Vielleicht wollen Sie Ihr Gewissen erleichtern?“
Während in anderen Staaten ein Schuldner als zahlungsunfähig gilt, wird er in Österreich als „zahlungsunwillig“ angesehen und als hartgesottener Schuldner beschrieben, der zur Räson gebracht werden muss!

Und so schaut die Gesetzeslage auch aus. Klingt irgendwie nach Rache. Man wird zum Paria gestempelt. Und die Sperrlisten verschlimmern noch den Alltag der les Miserables. Man darf nicht sparen, vorsorgen (selbst wenn man es könnte). Ausgesperrt aus vielen Bereichen des täglichen Lebens. Makabrer Nebensatz: Auch ins Casino darf man nicht hinein. Und sollte es einmal zur elektronischen Zahlung im Supermarkt kommen, dann darf man das wahrscheinlich auch nicht – weil das Wertkartenhandy die NFC (near field communication) nicht beherrscht. Die Hilfsorganisationen können leider nicht wirklich helfen.

Was es braucht, ist eine starke politische Initiative zur Bekämpfung der lebenslangen Ausbeutung.

Und die Schuldnerberatung (asb) sagt, so Alexander Maly (von der asb Schuldenberatung Wien) in der Sitzung der Arbeitsgruppe Privatkonkurs am 21.6.2007 (s Protokoll 2): Die Schuldenberatungsstellen sehen sich selbst oft gezwungen, Klienten geradezu in den Konkurs zu drängen, weil ihre Situation durch den Zinsenlauf zu einem späteren Zeitpunkt noch schlechter aussehe. Dabei sei es nicht selten erforderlich, dass Zahlungen aus dem unpfändbaren Einkommen geleistet werden.

Ungewollt kommt da der Gedanke auf, die Schuldnerberatung arbeite an der falschen Front und werde aufgrund der Gesetzeslage gezwungen, quasi als eine Art Vorfeldorganisation der Geldindustrie zu agieren. Man sorgt dafür, dass der Schuldner still und leise und ohne nennenswerte Gegenwehr zahlt. Naturgemäß sieht das die asb-Schuldnerberatung völlig anders. Nahezu emotionslos schildert Alexander A. Maly die Situation aus seiner Sicht im Leitartikel: Die Zukunft der Schuldnerberatung in Österreich. (asb no 61 / 2008)

„Die Zukunft der Schuldnerberatung in Österreich.“ LINK 40

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Appelle nutzen wenig bis gar nichts. Entweder fühlen sich die Angesprochenen nicht gemeint, oder es ist ihnen egal. Es ist Aufgabe der Politik Mängel und Fehler im System zu reparieren. Und genau das will unsere Initiative erreichen.

Außenminister Sebastian Kurz. Er kann es.
Außenminister Sebastian Kurz. Er kann es.

Lichtblick und Hoffnung.
Aber es gibt einen Lichtblick! Eine große Hoffnung! Die junge Generation hat erkannt, dass die derzeitige Lage, neben einiger Ungerechtigkeit, großen wirtschaftlichen Schaden bewirkt. Der Hoffnungsbringer ist Außenminister Sebastian Kurz. Nach einem Kurierbericht hat er im Silicon-Valley erkannt, dass wir in Österreich eine neue Kultur des Scheiterns brauchen. Man könnte es einfach auch so sagen: Die Menschen brauchen eine zweite Chance.

Das fordern auch: Vizekanzler Reinhard Mitterlehner, WKO Präsident Christoph Leitl u.v.a.LINK 41

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat sich kürzlich deutlich für eine „Politik der zweiten Chance“ im Unternehmensbereich ausgesprochen. Die Kommission verweist auf das Vereinigte Königreich, das in Fällen nicht betrügerischen Scheiterns einen Schuldenerlass innerhalb eines Jahres gewährt.

siehe LINK 21

Die Damen und Herren Abgeordneten zum Nationalrat haben bei Antritt ihrer Funktion ein Gelöbnis abzulegen. Der Text wird vorgetragen und man hat mit „ich gelobe“ zu antworten. Die Abgeordneten geloben, der Republik Österreich unverbrüchliche Treue zu halten. Eine relativ leichte Übung. Ja, und auch die Verfassung und Gesetze sind zu beobachten. In anderen Ländern schwören die anzugelobenden Abgeordneten, dass sie die Interessen des Volkes (also der Menschen) wahren, den Nutzen des Volkes (also der Menschen) mehren und Schaden vom Volke (also der Menschen) abwenden. Ist das vielleicht ein Teil des Problems?

Natürlich gibt es auch Gegenstimmen. Eine mächtige davon ist Manfred Ortner, Chefredakteur einer der besten Zeitung des Landes: der Wienerzeitung. Er schreibt in einem Leitartikel Folgendes: Freiheit ist eben untrennbar und ursächlich mit der Freiheit verbunden, auch unvernünftige und selbstbeschädigende Entscheidungen zu treffen – egal, ob es um Shopping, Zigaretten oder den feiertäglichen Verzehr höchst ungesunder Braten und Torten geht. Wer glaubt, Menschen vor sich selbst beschützen zu müssen, kann das nur um den Preis, deren Freiheiten sukzessive zu beschränken und zu beschneiden; ein Prozess, der ohnehin schon viel zu weit fortgeschritten ist.

Eine Erkenntnis:
wer todkrank ist ist nicht tot,
wer armutsgefährdet ist – ist nicht arm